Wall Street stützt die Märkte
Die Börsen reagierten weltweit auf die Ereignisse der letzten Wochen relativ entspannt. Der Grund dürfte vor allem in der Reaktion der Wall Street liegen. Die Indizes eilen von Rekord zu Rekord.
Regierungskrise in Berlin wird von Trumps Wahlerfolg aufgefangen
Was für ein 5. November! Als wir aufwachten, konnte Donald Trump bereits seinen Wahlsieg feiern. Am Abend beendete Bundeskanzler Olaf Scholz die Ampelkoalition – oder war es Christian Lindner? Egal, der DAX nahm es relativ gelassen zur Kenntnis und verteidigte den Support bei knapp 19.000 Punkten. Verantwortlich dürfte wohl die Wall Street gewesen sein, die den Sieg Donald Trumps feierte. Auch die Erleichterung über das Ende der Ampel sorgte für steigende Kurse.
Seit sicher ist, dass Donald Trump die Wahl gewonnen hat, gibt es in Frankfurt ein Wechselbad der Gefühle. Dies spiegelt die Situation der deutschen Wirtschaft sehr schön wider, wobei man sich fragen kann, ob die Kurse nahe der Höchststände gerechtfertigt sind. Immerhin geriet der DAX im Laufe des Mittwochs deutlich unter Druck geriet. Unter Donald Trumps Regierung dürften die USA Exporte aus Europa durch Zölle erheblich erschweren. Damit droht der deutschen Wirtschaft weiteres Ungemach.
Große Konzerne zunächst weniger betroffen
Viele Dax-Konzerne besitzen Produktionsstätten in den USA und könnten zunächst weniger von Zöllen betroffen sein. Mehr Sorgen dürften sich mittelständische Unternehmen machen, die ausschließlich in Europa produzieren. Wenn man zudem die Zinssenkungen der EZB und die Hoffnung auf eine wirtschaftsfreundlichere neue Regierung in Deutschland berücksichtigt, erscheinen die Kurse im Dax durchaus berechtigt.
Noch mehr gilt dies für die Wall Street, die mit neuen Rekordständen aufwartet. Der S&P 500 übersprang in der vergangenen Woche erstmals die 6.000er-Marke. Die bisher bekannten Eckpunkte von Donald Trumps Programm versprechen eine entfesselte Wirtschaft. Dies könnte für einen Aufschwung sorgen, dem jedoch auch einige Risiken gegenüberstehen.
Die Wall Street hat die Risiken nicht eingepreist
Trumps Pläne, die Zölle auf im Ausland produzierte Waren zu erhöhen, treffen nicht nur die Wirtschaft in Europa und China. Für US-Unternehmen werden dadurch Teile von Zulieferern deutlich teurer. Dies wiederum dürfte zu einer höheren Inflation führen. Zudem werden Europa und China die US-Zölle nicht unbeantwortet lassen. Die globalisierte Wirtschaft könnte so weiteren Schaden nehmen.
In der Folge werden nicht nur in den USA die Preise steigen. Möglicherweise werden wir eine neue Inflationswelle erleben. Allerdings ist auch das nicht sicher, denn Energie könnte preiswerter werden. Wenn die USA verstärkt in die Öl- und Gasproduktion einsteigen, steigt das Angebot am Markt. Dies könnte bewirken, dass die Rohöl- und Erdgaspreise sinken werden. Wie wird die OPEC darauf reagieren?
Überangebot an Erdöl möglich
In der Vergangenheit haben die erdölexportierenden Staaten auf solche Entwicklungen mit der Ausweitung der eigenen Produktion reagiert. Russland und Saudi-Arabien fördern Erdöl deutlich günstiger als die USA. Man könnte also die US-Firmen durch einen erhöhten Ausstoß aus dem Markt drängen, da diese dann ihre Kosten der Produktion nicht mehr decken können.
Schock für die globale Konjunktur
Besonders schwierig könnte die Lage in China werden. Zwar wächst dort das BIP stärker als in den USA und in Europa, aber das Land benötigt dieses Wachstum auch dringend. China ist gemessen an der Wirtschaftsleistung pro Kopf immer noch ein Schwellenland. Das deutlich gesunkene Wachstum hat in der Volksrepublik zu einem Wohlstandsverlust geführt. Dies äußert sich darin, dass die junge Generation nicht mehr den Lebensstandard ihrer Eltern erreicht. Zudem bedroht ein Überangebot an Immobilien die Finanzwirtschaft.
Wenn nun die USA als größter Markt der Welt ausfallen, dürfte dies erhebliche Auswirkungen auf die Ökonomie in China haben. Auch viele deutsche Unternehmen werden dies spüren, weil sie sich in den letzten Jahren ziemlich einseitig auf die Märkte in den beiden Ländern fokussiert haben. Zur Wahrheit gehört leider, dass die Ampel nicht allein für die Misere der deutschen Wirtschaft verantwortlich ist. Eine falsche Produktpolitik und die Orientierung auf nur wenige Märkte verschärften die Krise noch. In diesem Punkt sind die Chinesen cleverer. Sie haben längst den Markt in Afrika entdeckt.
Wall Street mit stärkerem Momentum
Zunächst dürfte der Optimismus besonders an der Wall Street überwiegen. Da Donald Trump auf eine Mehrheit der Republikaner in beiden Kammern des Kongresses zählen kann, sollte die Wirtschaft zunächst deutlich wachsen. Später könnte sich die Stimmung jedoch aufgrund einer steigenden Inflation und einer daraus resultierenden Kaufzurückhaltung der Verbraucher eintrüben. Einer Jahresendrally steht jedoch nichts im Wege. Wahrscheinlich werden wir auch im ersten Halbjahr 2025 eher steigende Kurse sehen.
Die Probleme in Europa sind größer. Hier könnte sich die Auftragslage vorübergehend ebenfalls verbessern, aber es wird wohl nicht nachhaltig sein. Eine Lösung wäre ein stabilerer Binnenmarkt, der derzeit jedoch nicht in Sicht ist. Deutschland fällt mindestens bis in den Frühsommer aus. Aktuell scheint die Belastung der Verbraucher durch Abgaben an den Staat eher weiter zu steigen. Die Pläne, die Abgaben an die Kranken- und Pflegeversicherung zu erhöhen, tragen nicht zu einem freundlicheren Konsumklima bei.
Schwache Quartalszahlen in Europa
Der DAX steht heute unter Druck, nachdem die Quartalszahlen nicht die ohnehin schwachen Erwartungen erreichen konnten. Weiterhin belasten die geopolitischen Krisen und die schwachen ZEW-Konjunkturerwartungen die Börsen in Europa. Auch in Asien gab es ebenfalls nichts zu feiern. Der DAX brach im Stundenchart die Ichimoku-Wolke und ist damit eher auf dem Weg zum Support bei knapp 19.000 Punkten. Am Nachmittag und Abend äußern sich noch einige Fed-Mitglieder.
Titelbild: Wall Street, Börse – Bild von Gio la Gamb – Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported
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