Warum ein bisschen Regulierung nicht schadet

Übertrioebene Regulierung

Wenn es in Deutschland um Regulierung geht, kommt es schnell zu hitzigen Debatten. Dabei verwechseln einige eine auf Regeln basierende Gesellschaft mit der sozialistischen Planwirtschaft. Beides hat jedoch nicht viel miteinander zu tun.

Ein gewisses Maß an Regulierung gehört zu einer modernen Gesellschaft

Deutschland hat sich eine soziale Marktwirtschaft verordnet, die ohne eine gewisse Regulierung nicht funktionieren gehört. Dazu gehören die Rechte von Gewerkschaften, die die Arbeitnehmerinteressen gegenüber den Eigentümern von Unternehmen vertreten. Der Arbeitsschutz und das Verbot von Kinderarbeit gehören ebenso zu den sozialen Errungenschaften unseres Landes wie die Bemühungen um die Gleichberechtigung der Frauen. 

Nicht immer gibt es dabei in unserer Gesellschaft einen Konsens, um bestimmte Ziele zu erreichen. Ein Beispiel sind die Quotenlösungen, um mehr Frauen in Führungspositionen zu befördern. Moment mal, sollte hier nicht besser die Qualifikation die entscheidende Rolle spielen? Der Einwand ist ohne Frage richtig, verkennt jedoch ein anderes Problem: Wer Führungspositionen in der Wirtschaft und der Politik anstrebt, ist häufig von Netzwerken abhängig.

Regulierung wirkt

Seit Generationen war es die Ausnahme, dass Frauen ein großes Unternehmen führten. Zum einen hatte dies damit zu tun, dass Frauen seltener einen technischen Beruf ergreifen. Andererseits fehlten ihnen einfach die nötigen Netzwerke, um für eine Spitzenposition zu kandidieren. Am 30. April 2015 trat das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen“ in Kraft.  Der Erfolg ist eindeutig messbar: Im Jahr 2014 lag der Anteil der Frauen in den DAX-Vorständen bei 4,7 Prozent. 2024 waren es 23,5 Prozent. 

Ein anderes Beispiel für sinnvolle Regulierung ist das Ozonloch. Das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, ist in Australien 13 Mal so hoch wie in anderen Ländern. Der Grund liegt im Ozonloch über der Antarktis. Forscher erkannten die vom Menschen produzierten Fluorkohlenwasserstoffe als Ursache. Ein Verbot dieser chemischen Verbindung sorgte dafür, dass sich die Ozonschicht wieder regeneriert. Verschiedene Wissenschaftsorganisationen prognostizieren, dass sich das Ozonloch über der Arktis bis 2045 und über der Antarktis bis 2066 erholt haben könnte

Regulierung ist keine Planwirtschaft

Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, das FCKW-Verbot als planwirtschaftliche Maßnahme zu bezeichnen. In der aktuellen Diskussion geschieht dies bei fast jeder Form von regulatorischen Eingriffen. Ein Beispiel ist das „Heizungsgesetz“, das schrittweise den Einbau von klimaschädlichen Anlagen verbietet. Planwirtschaft wäre, wenn der Gesetzgeber der Industrie vorschreiben würde, welche Stückzahlen sie von einem bestimmten Produkt herstellen sollen. Wir sollten alle froh sein, dass ein derartiger Dirigismus in Deutschland nicht existiert.

Das Problem der Regulierung: überbordende Bürokratie

Nicht jedes Gesetz aus der EU und aus dem Berliner Politikalltag ist wirklich praxistauglich. Bei mancher Regulierung richtet sich die Kritik an die falsche Adresse. Dass sich Gurken nicht krümmen würden, haben sich die Bürokraten in Brüssel nicht aus Langeweile ausgedacht. Es waren Bauernvertreter, die dank der Norm die Gurken besser in Kisten stapeln wollten. 

Insgesamt ist jedoch häufig nicht die eigentliche Regulierung das Problem, sondern die Umsetzung. Besonders Deutschland neigt dazu, jeden Vorgang ausführlich zu dokumentieren. Dieser Kontrollzwang verschwendet nicht selten viel Zeit, in der Unternehmen die Wertschöpfung steigern könnten. Dies käme am Ende unserem Wohlstand zugute. 

Ein besonders absurdes Beispiel nannte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, der die „Leiterverordnung“ für „Quatsch“ hält. Diese sagte er kürzlich in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Gewerkschaften finden es vielleicht wichtiger als Linnemann, dass die Leitern in Handwerksbetrieben auf ihre Sicherheit überprüft werden. Ob dies alles fein säuberlich dokumentiert werden muss, dürfte jedoch fraglich sein.

Regulierung kann Leben retten

Ein Beispiel ist die Kleine Hufeisennase, die in Deutschland immer wieder einmal Schlagzeilen macht. Die Fledermausart gilt als gefährdet. Als in Dresden die Waldschlößchenbrücke gebaut wurde, soll sich ein Exemplar an die Baustelle verirrt haben. In der warmen Jahreszeit bremst das Tier den Verkehr auf der Nordseite der vierspurigen Brücke aus, denn die Autos dürfen dann nur 30 km/h fahren. Insbesondere der Stadtkämmerer freut sich darüber sehr. 

Aber wer weiß, wie lange noch. Die Population der Kleinen Hufeisennase wird nämlich langsam größer. Verantwortlich ist die Düngemittelverordnung. Das Pestizid DDT soll fast an der Ausrottung der Tiere verantwortlich gewesen sein. Im Harz galt die Art als ausgestorben. Inzwischen ist sie dort wieder anzutreffen. Den Grund sehen Wissenschaftler im Verbot von DDT im Jahr 1990. Wer die Fledermaus bisher an der Dresdner Waldschlößchenbrücke nicht gesehen hat, kann sie nun auch in der Heimkehle, einer Höhle im Harzvorland, erleben. Übrigens, wegen des Verbotes von DDT ist niemand in Deutschland verhungert.

Fazit

Regulierungen in der Marktwirtschaft können helfen, unseren Alltag zu erleichtern und das Miteinander fair zu gestalten. Dazu gehört auch eine intakte Umwelt. So kann Feinstaub auf Dauer krank machen. Dass der Mensch keinen Einfluss auf das Klima hat, widerlegt die Geschichte mit dem Ozonloch. Aus der Verantwortung gegenüber dem Leben dieser und folgender Generationen lassen sich Regulierungen nicht vermeiden. Natürlich sollte mit diesem Werkzeug verantwortungsvoll umgegangen werden. Dazu gehört auch, die Bürokratie auf das unbedingt notwendige Maß zu reduzieren. Gelingt dies nicht, könnte das Vertrauen in den Staat erodieren. Teilweise ist dies schon zu beobachten.

Titelbild: Undine Damus-Holtmann from Pixabay

Share this content:

Journalismus und Reisen – meine Passion In der Schulzeit begann ich, Gedichte zu verfassen. Später interessierte mich der Journalismus, der mich zu einem regionalen Radiosender führte. Hier lernte ich, kurze, prägnante Sätze zu bilden. Die längste Zeit meines Lebens habe ich mich mit dem Tourismus beschäftigt. Reisekaufleute sehen nicht nur viel von der Welt. Das Gesehene muss in einen zum Reisen motivierenden Text gegossen werden. Nach der letztendlich erfolglosen Beteiligung an der Entwicklung eines Reiseportals bin ich seit 2019 freiberuflicher Autor.

Kommentar veröffentlichen

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner
Verified by MonsterInsights