Flugverspätungen: Forderungen auf Entschädigungen werden einfacher

Flugverspätung - Warten auf dem Flughafen - Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

Flugverspätungen sind für Geschäftsreisende und Urlauber gleichermaßen ein Ärgernis. Fluggäste haben in vielen Fällen das Recht auf eine Entschädigung. Das Bundesjustizministerium möchte die Betroffenen bei der Durchsetzung ihrer Forderungen ab sofort besser unterstützen.

Flugverspätungen und -streichungen bleiben ein weitverbreitetes Ärgernis

Seit einigen Jahren gibt es die Fluggastrechteverordnung der Europäischen Union. Sie sieht saftige Entschädigungszahlungen durch die Fluggesellschaft vor, wenn ein Flugzeug deutlich zu spät landet oder ein Flug kurzfristig storniert wurde. Offenbar ist die mangelhafte Zuverlässigkeit für Airlines weiterhin lukrativ, denn das Ärgernis ist weiterhin weitverbreitet.

Allein in den ersten drei Monaten waren 13,22 Prozent der Abflüge in Deutschland unpünktlich, wie das Portal „Flightright“ errechnete. Die Spezialisten für Entschädigungsforderungen zeigen in einer Statistik, dass viele Fluggesellschaften die rechtlich verbindlichen Zahlungen häufig nur nach einem erheblichen Druck leisten. Die schlechtesten Airlines sind dabei nicht Ryanair oder Eurowings, sondern British Airways und Lufthansa.

Diese Rechte hat der Passagier bei Flugverspätungen

Entschädigungen kommen bei verspäteten Flügen infrage, wenn der Flug in der EU startet oder landet und die Fluggesellschaft ihren Sitz in einem EU-Mitgliedsstaat hat. Zudem gelten die Regelungen in der Schweiz, in Norwegen und Island. Die Entschädigung ist folgenden Flugverspätungen vorgesehen:

  • mehr als zwei Stunden auf Kurzstrecken (bis 1.500 Kilometer)
  • mehr als drei Stunden auf Mittelstrecken (mehr als 1.500 Kilometer in der EU und Interkontinental-Flüge bis 3.500 Kilometer)
  • mehr als vier Stunden auf Langstrecken mit mehr als 3.500 Kilometern

Die Höhe der Kompensation liegt je nach Strecke und Verspätung zwischen 250 und 600 Euro pro Passagier. Die Airline muss zudem für die Verpflegung während der Wartezeit sorgen. Erfolgt der Start erst am nächsten Tag, muss sie zusätzlich für die Übernachtung sorgen. Außerdem hat der Passagier das Recht auf zwei Telefonate, Faxe und E-Mails auf Kosten der Fluggesellschaft.

Beweise für eine Flugverspätung

Ein Problem ist, dass der Passagier in der Beweispflicht ist. Besonders für einen möglichen Gerichtsprozess solltest Du deshalb möglichst viele Beweismittel sichern. Am besten ist es, wenn sich das Personal der Fluggesellschaft kooperativ zeigt und die Verspätung schriftlich bestätigt. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. 

In diesem Fall ist es empfehlenswert, den Sachverhalt selbst zu dokumentieren. Dazu gehören auch Fotos von Abflugs- und Ankunftstafeln auf dem Flughafen als Dokumentation des tatsächlichen Zeitpunkts des Abflugs und der Landung. Auch die Bestätigung des Ereignisses durch Zeugen kann vor Gericht hilfreich sein.

Flugausfälle können für eine Airline ebenfalls teuer werden

Immerhin 1,28 Prozent aller geplanten Flüge wurden in den vergangenen drei Monaten durch die Fluggesellschaften gestrichen. Damit landete Deutschland auf dem viertletzten Platz. Noch unzuverlässiger waren Belgien, die Niederlande und Finnland. Auch in diesem Fall hast Du häufig einen Anspruch auf eine Entschädigung. Alternativ kannst Du auf einem Ersatzflug bestehen. 

Sollte die Airline aus einem von Dir nicht verantworteten Grund die Beförderung verweigern, besteht in vielen Fällen der Anspruch auf eine Entschädigung. Kein Geld erhältst Du, wenn Du für die Beförderungsverweigerung selbst verantwortlich bist. Beispiele sind ein fehlendes Visum oder ein ungültiger Reisepass. Entschädigungswürdig sind Annullierungen, die maximal 14 Tage vor dem Start erfolgten.

Außergewöhnliche Umstände sind eng umfasst

Nicht zu Entschädigungszahlungen bei Flugverspätungen oder -annullierungen sind die Airlines verpflichtet, wenn sie auf die Ursache keinen Einfluss hatten. Dabei ist der Begriff der „höheren Gewalt“ sehr eng gefasst. Ein Streik der Piloten oder des Bordpersonals gehört zum Beispiel nicht zu dieser Kategorie. Dagegen kann sich die Fluggesellschaft auf außergewöhnliche Umstände berufen, wenn die Fluglotsen oder das beim Flughafen beschäftigte Bordpersonal streiken.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Arbeitgeber sehr wohl Einfluss darauf hat, ob sein Personal in den Ausstand tritt. Kein außergewöhnlicher Umstand ist auch der Defekt eines Flugzeugs. Dies gehört zum Betriebsrisiko, für das der Reisende keine Haftung übernehmen muss. Kommt es zu einer Flugverspätung oder gar einem -ausfall, darf der Passagier eine Entschädigung fordern. Weitere außergewöhnliche Umstände sind Extremwetter, Vulkanausbrüche oder politische Krisen.

Allein gegen einen großen Konzern?

Seriöse Unternehmen sollten sich ihren Kunden gegenüber fair verhalten und im Zweifel eher kulant sein.  Diese Praxis ist zwar löblich, lässt sich jedoch in Zeiten eines starken Kostendrucks kaum durchhalten. Für Airlines ist es deshalb günstiger, Rechtsabteilungen zu bezahlen, um die Entschädigungsforderungen ihrer Gäste aus oft fadenscheinigen Gründen abzulehnen. Das zumindest behaupten Fluggastrechteportale.

Sie verdienen mit der Geltendmachung der Ansprüche ihrer Kunden Geld. Rund 30 Prozent nehmen diese Unternehmen, um die Verbraucherrechte durchzusetzen. Ob dieser Aufwand nötig ist, kann nicht belegt werden. Eine Statistik über die Zahl der abgelehnten Anträge existiert nicht. Deshalb lässt sich auch nicht ohne Weiteres sagen, wie fair die Fluggesellschaften mit ihren Kunden umgehen. 

Antrag an die Airline stellen

Um in den vollen Genuss der Entschädigung zu kommen, ist eine direkte Kontaktaufnahme zur Fluggesellschaft der beste Weg. Empfehlenswert ist es, den Antrag zeitnah zu stellen. Zwar sieht der Gesetzgeber eine Verjährungsfrist von drei Jahren vor, aber diese Zeit vergeht schneller, als mancher glaubt. 

Bedenke dabei, dass die Airline Deinen Fall möglicherweise nur schleppend oder auch gar nicht bearbeitet. Hier kann sanfter Druck helfen. Wenn nicht, musst Du klagen. Hierfür ist nicht unbedingt ein Rechtsanwalt erforderlich, meint zumindest das Bundesjustizministerium.

Hilfe vom Staat bei Flugverspätungen

Die Regierung hat eine Service-Plattform eingerichtet, die innerhalb von zehn Minuten einen möglichen Anspruch auf Entschädigung ermittelt. Sollte der Nutzer ein Recht auf eine Vergütung haben, kann er über diesen Dienst sofort eine Onlineklage einreichen

Aktuell funktioniert diese Dienstleistung noch nicht in allen Regionen der Bundesrepublik Deutschland. Es handelt sich um Pilotprojekt, das jedoch in die richtige Richtung geht. Der Staat fungiert hier als Dienstleister für seine Bürger. Bleibt zu hoffen, dass aus diesem Test eine dauerhafte Einrichtung wird.

Titelbild: Rainer Sturm  / pixelio.de

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Journalismus und Reisen – meine Passion In der Schulzeit begann ich, Gedichte zu verfassen. Später interessierte mich der Journalismus, der mich zu einem regionalen Radiosender führte. Hier lernte ich, kurze, prägnante Sätze zu bilden. Die längste Zeit meines Lebens habe ich mich mit dem Tourismus beschäftigt. Reisekaufleute sehen nicht nur viel von der Welt. Das Gesehene muss in einen zum Reisen motivierenden Text gegossen werden. Nach der letztendlich erfolglosen Beteiligung an der Entwicklung eines Reiseportals bin ich seit 2019 freiberuflicher Autor.

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