
Dollarschwäche könnte die Krise in Europa verschärfen

Donald Trumps Handelspolitik hält die Märkte weiterhin fest im Griff. Was liberale Politiker nicht geschafft haben, scheint nun zumindest partiell einzutreten: Das Vertrauen in den US-Dollar schwindet. Dies könnte die Wirtschaft in Europa unter Druck bringen.
Neue Zölle gegen Waren aus Europa
Wer zuletzt dachte, dass Donald Trump den Märkten eine Atempause im Handelskrieg gibt, hat sich getäuscht. Zuletzt kündigte der US-Präsident für den Mittwoch die Einführung von neuen Zöllen für Waren aus Europa an. 50 Prozent sollen die Aufschläge betragen. Das Timing ist interessant, denn am Donnerstag kommt Bundeskanzler Friedrich Merz zu einem Treffen mit dem US-Präsidenten in die USA.
Auch aus den Verhandlungen um den Zollstreit mit China kommen aktuell keine zuversichtlichen Nachrichten. Einige Beobachter schließen sogar ein Scheitern der Gespräche nicht aus. Dies muss nicht zwangsläufig schlecht für die US-Wirtschaft sein. Die unberechenbare Politik in Washington lässt Anleger jedoch strategisch umdenken.
Euro im Blick
Seit der Amtsübernahme von Donald Trump legte der Euro um 10 Cent gegenüber dem US-Dollar zu. Nach einer kurzen Korrekturphase sieht der Dailychart von EUR/USD aktuell wieder bullish aus.

Dafür gibt es einige Gründe. Das Defizit in den USA steigt in schwindelerregende Höhen. Die Staatsverschuldung liegt laut IWF aktuell bei 120 Prozent des BIP. Allein für die Zinsen müssen die USA inzwischen eine Billion US-Dollar pro Jahr aufbringen. Das sind zwei Jahreshaushalte der Bundesrepublik Deutschland. Die USA berappen inzwischen 6,4 Prozent Ihrer Wirtschaftsleistung.
Die Zinsen auf Staatsanleihen steigen seit der Amtseinführung von Donald Trump nur moderat, wie ein Blick auf die 10-Jahres-Anleihe zeigt.

Das Vertrauen in die Stärke der USA scheint zu bröckeln. Der Euro dürfte wohl bald erneut sein Jahreshoch bei 1,1573 testen und wahrscheinlich neue Hochs markieren.
Europa als Zentrum des Welthandels?
Wer profitiert von der Dollarschwäche? Europa? China? Oder doch die USA? Dies ist nicht so einfach zu beantworten. Die EZB-Präsidentin Christine Lagarde sieht den Euro als zukünftige Leitwährung. Um dies zu erreichen, sei jedoch noch eine Menge Arbeit vor Europa. Westliche Ökonomen sehen aktuell nur die Gemeinschaftswährung, die den US-Dollar ablösen könnte. Wie weit der Weg wäre, zeigt jedoch die Realität. Aktuell werden fast 60 Prozent des Welthandels in US-Dollar abgerechnet. Die US-Währung hat einige Stärken gegenüber dem Euro:
- unbegrenzte Verfügbarkeit
- rund 60 Prozent der weltweiten Währungsreserven (20 Prozent in Euro)
- global größte Volkswirtschaft
Der Euro stand schon einmal als mögliche Alternative zum US-Dollar im Fokus. Treiber waren damals unter anderem die OPEC-Staaten, die öffentlich darüber nachdachten, die US-Währung nicht mehr länger für die Abrechnung ihres Ölgeschäfts zu nutzen. Dann kam 2010 die Eurokrise und die Idee wurde schnell beerdigt.
Schaut man sich das heutige Europa an, ist unser Kontinent so uneinig wie lange nicht. Dass der Euro ausgerechnet in einer Zeit der politischen Instabilität auf unserem Kontinent zur Leitwährung wird, kann ich mir nicht vorstellen. Wahrscheinlicher ist, dass es mehrere Währungen geben wird, die im Welthandel verwendet werden. Ambitionen hat auch China, das den Yuan allerdings stark reguliert. Deshalb spielt die Währung aktuell im globalen Handel kaum eine Rolle.
Eurostärke hat Nachteile für die Wirtschaft in Europa
Für Europas Wirtschaft hätte der Euro als Leitwährung mehr Nach- als Vorteile. Die erhöhte Nachfrage würde die Währung weiter verteuern und damit die Exportchancen schmälern. Die von Christine Lagarde geäußerte Vision eines Euros als echte Alternative zum US-Dollar hat also auch Schattenseiten. Möglicherweise könnte Donald Trump durch die Verschiebung der Märkte zum Euro sogar seinem Ziel näherkommen, die US-Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen.
Vergemeinschaftung der Schulden in Europa?
Lagardes Vision ist aktuell eine Utopie. Sie fordert unter anderem eine bessere wirtschaftliche Integration in Europa. In Brüssel bedeutet dies meistens noch mehr Regulierung. Für ein derartiges Ansinnen gibt es zurzeit keine Mehrheit. Zudem fordert die EZB-Präsidentin eine „gemeinsame Finanzierung öffentlicher Güter“. Dies ist eine Idee, die in Berlin bisher immer abgelehnt wurde. Ich bin geneigt, Friedrich Merz zuzutrauen, auch diese Position abzuräumen. Allerdings dürfte er hier auf erhebliche Widerstände in der CDU stoßen.
Deshalb glaube ich aktuell nicht an Eurobonds. Aus meiner Sicht kann Deutschland an einer Vergemeinschaftung von Schulden kein Interesse haben. Die Hauptlast würde die stärkste Volkswirtschaft in Europa tragen. Möglicherweise schwächt dies langfristig die gesamte EU.
Trumps Unberechenbarkeit setzt die Märkte unter Druck
Der DAX kämpft am Mittag mit der Unterstützung bei 23.850 Punkten. Nachdem der Support in der vergangenen Woche gehalten hatte, scheiterten die Bullen an der Wolke des Ichimoku. Aktuell droht der Index in einen Abwärtstrendkanal zu geraten. Ein erstes Ziel könnte bei 23.475 Punkten liegen. Freundlicher wird es über 24.100.

Die etwas höhere Inflation in Deutschland dürfte dabei eher keine Rolle gespielt haben. Der Verbraucherpreisindex legte nach vorläufigen Zahlen um 2,1 Prozent zu. Analysten rechneten mit zwei Prozent. Mehr Sorgen dürften sich die Händler um die deutsche Industrie machen. Der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe sank im Vergleich zum Vormonat von 48,4 auf 48,3 Punkte. In der Vorabschätzung lag der Index noch bei 48,8 Punkten. Damit entwickelt sich die deutsche Wirtschaft entgegen dem Trend in der Eurozone, deren Index von 49,0 auf 49,4 Punkte stieg.
Mehr Schatten als Licht in Japan
Am Freitag wurden einige Wirtschaftsdaten aus Japan gemeldet. Erfreulich waren auf den ersten Blick die Einzelhandelsumsätze, die im April um 3,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr stiegen. Hierfür war allerdings die Teuerung von 3,4 Prozent verantwortlich. Führt man diese beiden Werte zusammen, hat der Einzelhandel unter dem Strich sogar weniger verkauft. Die Industrieproduktion schrumpfte im April um 0,9 Prozent, was der Markt erleichtert zur Kenntnis nahm. Analysten befürchteten -1,4 Prozent.
Auch in Australien läuft die Konjunktur nicht rund. Die Einzelhandelsumsätze schrumpften im April um 0,1 Prozent. Noch schlimmer trifft es das Baugewerbe, denn die Baugenehmigungen gingen gleich um 5,7 Prozent zurück.
In Europa konnten die Einzelhandelsumsätze aus Deutschland nicht überzeugen: -1,1 Prozent im April. Dafür blieb die spanische Inflation mit 1,9 Prozent unter den Erwartungen.
Erfreuliches kam aus der Schweiz. Der KOF-Frühindikator stieg nach seinem Jahrestief (97,1) im April auf 98,5 Punkte. Dies ist kein wirklich gutes Zeichen, aber immerhin ein kleiner Hoffnungsschimmer.
In den USA entsprach der PCE-Kernrate Preisindex mit 2,5 Prozent den Erwartungen. Demnach sank die Inflation um 0,2 Prozent. Nach den endgültigen Zahlen der Uni Michigan lag die Konsumstimmung nun doch über dem Vormonat. Die Inflationserwartungen wurden deutlich nach unten korrigiert.
Der Ausblick
Heute Nachmittag veröffentlichen die USA den wichtigen ISM-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe. Zudem spricht 18.30 Uhr die EZB-Präsidentin Christine Lagarde.
Die Inflationsdaten aus Europa stehen am Dienstag im Fokus. Die USA melden die Auftragseingänge und den JOLTS-Stellenreport.
In der Nacht zum Mittwoch lohnt sich ein Blick nach Australien, denn die Veröffentlichung des BIP steht im Wirtschaftskalender. Australien gehört zu den wenigen großen Wirtschaftsnationen, die noch über ein einigermaßen solides Wachstum verfügen. In Europa und den USA stehen die Einkaufsmanagerindizes für den Dienstleistungssektor auf dem Programm. In Kanada steht eine Zinsentscheidung an. Analysten erwarten, dass die Notenbank den Leitzins um 25 Basispunkte auf 2,5 Prozent senkt.
Für den Donnerstag ist die Veröffentlichung der Zahlen zu den Industrieaufträgen in Deutschland vorgesehen, ehe die EZB in den Fokus rückt. Die Analysten erwarten eine weitere Zinssenkung von 2,4 auf 2,15 Prozent. Damit dürften zukünftig wieder Spareinlagen von der Inflation aufgefressen werden. Die USA melden ihre Handelsbilanz. Ob Donald Trumps Zollpolitik schon Früchte trägt? Die Analysten vermuten, dass das Defizit tatsächlich kleiner als im Vormonat ausfällt. Ferner trifft an diesem Tag Bundeskanzler Friedrich Merz auf den US-Präsidenten Donald Trump. Der Markt könnte darauf reagieren. Der Ausgang des Gesprächs dürfte offen sein.
Deutschland steht am Freitag im Fokus. Es gilt, die Industrieproduktion und die Handelsbilanz zur Kenntnis zu nehmen. Um 11 Uhr meldet die EU ein umfangreiches Zahlenwerk. Zu verarbeiten sind der Arbeitsmarkt, die Einzelhandelsumsätze und das BIP. In den USA werden wie immer am ersten Freitag des Monats die Non Farm Payrolls, also die Arbeitsmarktdaten, verkündet.
Journalismus und Reisen – meine Passion In der Schulzeit begann ich, Gedichte zu verfassen. Später interessierte mich der Journalismus, der mich zu einem regionalen Radiosender führte. Hier lernte ich, kurze, prägnante Sätze zu bilden. Die längste Zeit meines Lebens habe ich mich mit dem Tourismus beschäftigt. Reisekaufleute sehen nicht nur viel von der Welt. Das Gesehene muss in einen zum Reisen motivierenden Text gegossen werden. Nach der letztendlich erfolglosen Beteiligung an der Entwicklung eines Reiseportals bin ich seit 2019 freiberuflicher Autor.
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