Eine kurzfristige Flugzeitänderung kann zu einer Entschädigung führen

Flugzeitänderung - Foto von form PxHere

Verspätungen können für Fluggesellschaften teuer werden. Die europäische Fluggastrechteverordnung sieht dafür Entschädigungszahlungen vor. Wie ist dies aber, wenn die Airline dem Kunden kurzfristig eine Mitteilung über eine Flugzeitänderung sendet?

Wenn der Abflug verschoben wird

Flugzeitenänderungen sind ein Ärgernis für die Passagiere. Besonders frustrierend ist es, wenn Urlauber ihren Flug zeitig gebucht haben, um möglichst am Vormittag zum Ferienziel zu fliegen und nachmittags die Rückreise anzutreten. So lassen sich die Urlaubstage am besten ausnutzen.

In meiner eigenen Praxis kam es recht häufig vor, dass die Fluggesellschaften kurzfristig eine Flugzeitenänderung an die Reisebüros sendeten. Diese müssen dann dem Kunden die schlechte Nachricht übermitteln und den Frust der Kunden abfangen. Dazu sei erwähnt, dass Fluggesellschaften für den Dienst der Reisebüromitarbeiter keinen einzigen Cent bezahlen. Provisionsregelungen gibt es mit Fluggesellschaften nicht. Die Reisebüros müssen selbst eine Vermittlungsgebühr festlegen.

Ist eine kurzfristige Flugzeitänderung akzeptabel?

Ein interessanter Fall landete beim Landgericht Landhut (Aktenzeichen 12 S 2466/23 e). Vorher erging bereits ein Urteil beim Amtsgericht Erding, gegen das die Fluggesellschaft Berufung einlegte. Eine vierköpfige Reisegruppe flog 2022 mit Corendon Airlines von München nach Antalya. Laut ihrer Buchungsbestätigung sollte der Abflug um 10.20 Uhr und die Landung um 14.20 Uhr Ortszeit erfolgen. Am Vortag der Reise erhielten die Fluggäste eine Flugzeitänderung um eine Stunde. Der Flug sollte nun um 11.20 Uhr starten.

Wahrscheinlich nehmen die meisten Urlauber eine solche Nachricht hin, zumal eine Stunde Verspätung kein Recht auf eine Entschädigung auslöst. Es bleibt jedoch nicht bei der geplanten Stunde Verspätung. Das Flugzeug landete erst um 18.16 Uhr, weil sich der Abflug um mehr als drei Stunden verzögerte. Für die Fluggäste ergab sich daraus eine Verspätung von mehr als drei Stunden gegenüber der ursprünglichen Buchung. Die Fluggesellschaft erkannte nur die Verspätung an, die sich aus der Flugzeitänderung ergab, also nur gut zwei Stunden.

Wann beginnt die Verspätung?

Für diesen Fall ist dies eine entscheidende Frage. Die Reisenden gingen davon aus, dass sie ihren Flug mit einer Ankunft um 14.20 Uhr gebucht haben. Demnach stand Ihnen eine Entschädigung von 400 Euro pro Person zu, weil die Flugstrecke über 1.500 Kilometer betrug. Corendon Airlines argumentierte, dass die Verspätung entsprechend der vorab mitgeteilten Flugzeitänderung gilt, also ab 15.20 Uhr. Damit lag die Verspätung sechs Minuten unter der Drei-Stunden-Marke. Corendon zahlte keine Entschädigung.

Die Reisenden waren damit nicht einverstanden, klagten beim Amtsgericht Erding und bekamen recht. Die Fluggesellschaft wurde zur Zahlung von 400 Euro pro Person, also insgesamt 1.600 Euro, verurteilt. Das Gericht sah die Flugzeitänderung nicht als eine Annullierung und Neubuchung, sondern als eine Verspätung an. Die Anwälte der Airline gingen gegen das Urteil in Berufung. Der Fall landete beim Landgericht Landshut.

Europäischer Gerichtshof stärkt das Verbraucherrecht

Die Landhuter Richter riefen den Europäischen Gerichtshof an, um eine Vorabentscheidung zu erhalten. Dies ist eine gängige Praxis, wenn es für den zu beurteilenden Fall kein Grundsatzurteil gibt. In diesem Fall kamen die Richter zu einem eindeutigen Urteil.

Der Europäische Gerichtshof verwies auf frühere Urteile, mit denen er den Begriff „Verspätung“ definiert hatte. Demnach gilt ein Flug als verspätet, wenn die Landung nach der ursprünglich geplanten Zeit erfolgte. Das Gericht wies darauf hin, dass sich mit der Flugzeitänderung der Abflugsort, der Ankunftsort und die Flugnummer nicht änderten. Demnach erfolgte keine Flugannullierung. Vielmehr ist damit von einer Flugverspätung auszugehen.

Keine einseitige Flugzeitänderung durch Fluggesellschaften vorgesehen

Der EuGH weist darauf hin, dass in der für Flugverspätungen relevanten EU-Verordnung 261/2004 keine Möglichkeit der einseitigen Flugzeitänderung durch die Airline vorgesehen ist. Ziel sei es, einen hohen Schutz der Fluggäste zu gewährleisten. Das Gericht erkennt zwar an, dass die Vorabinformation an die Fluggäste die Situation für diese möglicherweise verbessere. Für die Beurteilung der Verspätung sei dies jedoch unerheblich.

Das Gericht kommt daher zum Schluss, dass die Verspätung durch die Ankündigung am Vorabend hinzugerechnet werden muss. Die Verspätung sei anhand der ursprünglich gebuchten geplanten Ankunft zu berechnen. Die Airline verlor das Berufungsverfahren und musste den vier Fluggästen jeweils 400 Euro Entschädigung zahlen.

Titelbild von PxHere

Share this content:

Journalismus und Reisen – meine Passion In der Schulzeit begann ich, Gedichte zu verfassen. Später interessierte mich der Journalismus, der mich zu einem regionalen Radiosender führte. Hier lernte ich, kurze, prägnante Sätze zu bilden. Die längste Zeit meines Lebens habe ich mich mit dem Tourismus beschäftigt. Reisekaufleute sehen nicht nur viel von der Welt. Das Gesehene muss in einen zum Reisen motivierenden Text gegossen werden. Nach der letztendlich erfolglosen Beteiligung an der Entwicklung eines Reiseportals bin ich seit 2019 freiberuflicher Autor.

Kommentar abschicken

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner
Verified by MonsterInsights