Die EZB lässt die Zinsen unverändert

EZB - Foto: Kiefer, Flickr

Die Europäische Zentralbank belässt die drei Leitzinssätze unverändert. Für den weiteren geldpolitischen Ausblick sieht die Präsidentin der EZB mehrere Risiken. Verwirrung scheint es um einen Handelsdeal zwischen den USA und der Europäischen Union zu geben.

EZB beobachtet die Lage

Die Europäische Zentralbank hat erwartungsgemäß die drei Leitzinssätze unverändert gelassen. Die Notenbank sieht ihre Maßnahmen im Einklang mit dem Ziel, die Inflation bei zwei Prozent zu halten. Sie bleibt bei folgenden Zinssätzen:

  • Hauptrefinanzierungssatz: 2,15 %
  • Einlagesatz: 2,0 %
  • Spitzenrefinanzierungssatz 2,4 %

Die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, betonte, dass die weitere Entwicklung der Zinssätze von den zukünftigen Daten abhängig ist. Die Investitionen in die Infrastruktur und die Verteidigung werden nach Ansicht der Notenbankchefin die Wirtschaft unterstützen. Aktuell tragen besonders die Verbraucher in der Eurozone zum Wirtschaftswachstum bei. 

Kündigt die EZB weitere Zinssenkungen an?

Gleichzeitig übersieht die Notenbank die Defizite nicht. Die EZB sieht weiterhin Nachteile in der Wettbewerbsfähigkeit, Produktivität und in der Widerstandsfähigkeit. Christine Lagarde sieht für die Wirtschaftsentwicklung vornehmlich Abwärtsrisiken. Die langfristigen Inflationserwartungen liegen überwiegend bei zwei Prozent. 

Gleichzeitig betonte Lagarda, dass der Ausblick auf die Teuerung für die EZB schwieriger geworden ist. Zu den Unsicherheitsfaktoren gehören die Preisschwankungen bei den Rohstoffen und die unklare Lohnentwicklung. Der starke Euro könnte die Inflation deutlicher dämpfen als bisher vermutet. Dies würde der EZB Spielraum für einen weiteren Zinsschritt geben. Die Marktteilnehmer gehen mehrheitlich weiterhin davon aus, dass die Notenbank noch mindestens einmal in diesem Jahr aktiv wird. 

EZB: Überraschendes Wachstum in der Eurozone 

Das Wirtschaftswachstum schätzt die EZB stärker als bisher erwartet ein, weshalb die Notenbank keine Eile bei der Entscheidung für weitere Zinssenkungen haben dürfte. Eine große Unbekannte bleiben laut Christine Lagarde die Zölle für Exporte in die USA und die daraus resultierenden Gegenzölle. Wie ihr Kollege in der US-Notenbank äußert sie sich unsicher über die Auswirkungen auf die Preisstabilität. Sie lassen sich nicht genau prognostizieren, so Lagarde.

In den nächsten geldpolitischen Sitzungen müssten die Mitglieder des geldpolitischen Rates die Lage beobachten, was wohl heißt, dass im September keine Zinssenkung zu erwarten ist. EUR/USD zog während der Pressekonferenz der EZB an und markierte ein neues Wochenhoch. Ein erneuter Test der 1,1830 bleibt damit weiterhin möglich.

EUR/USD – Stundenchart

Ein weiteres Thema, das den US-Dollar unter Druck bringt, ist ein für heute Abend geplanter Besuch von US-Präsident Donald Trump in der Federal Reserve. Offiziell gibt es keinen besonderen Grund für den Besuch. Berichterstatter an der Wall Street vermuten, dass Trump nach Material für eine Amtsenthebung von Fed-Chairman Jerome Powell sucht. Zudem scheinen die Republikaner im Kongress für eine Änderung des Fed-Gesetzes offen zu sein, das dem Weißen Haus mehr Einflussmöglichkeiten geben soll. Dies könnte den Vertrauensverlust in die US-Währung beschleunigen.

Die Zinsen der deutschen 10-Jahresanleihe steigen nach der EZB-Pressekonferenz. Dies verdeutlicht, dass die Märkte zunächst mit keinen weiteren Zinssenkungen durch die EZB rechnen.

Deutsche Staatsanleihe, 10 Jahr Laufzeit – Stundenchart

Die Zinsen der Anleihe aus den USA kommen nach einem kurzen Anstieg schnell wieder zurück.

US-Staatsanleihe, 10 Jahre Laufzeit – Stundenchart

Zuverlässigkeit der Lieferungen seltener Erden soll verbessert werden

China ist der weltweit wichtigste Lieferant von Seltenen Erden. Das Land ist sich der Abhängigkeit vieler Industrienationen bewusst und setzt seine Macht selbstbewusst bei der Erteilung von Lizenzen ein. Verhandlungen der EU mit der Volksrepublik scheinen nun Verbesserungen für die betroffenen Branchen zu bringen. 

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen informierte in Peking über einen Mechanismus, der mehr Transparenz in die Erteilung von Lizenzen und die Liefergeschwindigkeit bringen soll. Zuletzt hatte unter anderem die Automobilindustrie darüber geklagt, zu wenig Lieferungen an Seltenen Erden für ihre E-Autos zu erhalten. 

Handelsstreit zwischen den USA und der EU (noch) nicht gelöst

Gestern meldete die „Financial Times“ unter Berufung auf europäische Verhandlungsteilnehmer, dass ein Handelsdeal zwischen den USA und der EU in Reichweite sei. Demnach könnte es eine Einigung auf 15 Prozent Zölle geben. Diese Höhe vereinbarten die USA mit Japan. Es gibt jedoch einige Zweifel, ob es wirklich eine Einigung auf diese Kenngröße gibt. 

Das Weiße Haus dementierte inzwischen eine Einigung und sieht noch Verhandlungsbedarf. Marktbeobachter sehen einen weiteren Fakt, der gegen einen Zoll von 15 Prozent sprechen könnte: Japan scheint sich die niedrigen Tarife teuer erkauft zu haben. Das Land wird in den USA 550 Milliarden US-Dollar investieren. Die Verteilung des Geldes soll die US-Administration bestimmen dürfen. Bleibt die Frage, was die EU den Amerikanern anbieten möchte. Es ist zu befürchten, dass die Sorgen um einen Handelsdeal zunächst bestehen bleiben. Die EU-Kommission hat konsequenterweise heute ein Paket mit Gegenzöllen geschnürt. 

Es soll am 7. August in Kraft treten, wenn die USA ab 1. August wirklich 30 Prozent Zölle auf EU-Waren einführen. Eins dürfte klar sein: Der Markt hat eine Einigung eingepreist. Sollte ein Deal nicht zustande kommen, dürfte eine stärkere Korrektur anstehen. Davon ist im DAX aktuell nichts zu sehen. Die Marktteilnehmer halten sich zurück. Die fallenden Kurse lassen auf eine abwartende Haltung hindeuten. Für mich bleiben die langen Ichimokulinien im Stundenchart (23.875/450) wichtige Unterstützungsmarken, die die Bären verteidigen sollten. Zum Zeitpunkt der Analyse ist der Ichimoku neutral einzuschätzen.

DAX – Stundenchart

Berichtssaison mit Licht und Schatten

Viele Quartalszahlen aus Europa haben die Märkte zu verarbeiten. Darunter befinden sich starke Ergebnisse der Deutschen Bank und von British Telekom. Weniger gut lief es für Nestlé. Es fällt auf, dass nicht alle guten Ergebnisse für steigende Aktienkurse sorgen. So musste MTU Aero Gewinnmitnahmen hinnehmen, obwohl das Betriebsergebnis über den Erwartungen lag.

Auch die bisher gut verlaufende Berichtssaison in den USA hat einige Kratzer zu verzeichnen. Bei Tesla enttäuschte nicht nur das Zahlenwerk. Das Unternehmen stimmte die Anleger zudem auf sehr schwere Zeiten ein. Als Gründe wurden die Handelsstreitigkeiten der USA mit China und die Streichung von staatlichen Zuschüssen für Elektroautos genannt. IBM konnte zwar ein gutes Ergebnis einfahren, verfehlte aber die Umsatzerwartungen. Die Krise der US-Tourismusindustrie schlägt sich in den Zahlen der Southwest Airlines und American Airlines nieder. Erfreuliche Zahlen kamen von T-Mobile US und Alphabet. Google konnte sich entgegen einiger Befürchtungen über mehr Anfragen über die Suchmaschine freuen. Der befürchtete Druck durch die Künstliche Intelligenz blieb bisher aus.

Deutsche Wirtschaft sucht nach dem Weg zum Erfolg

Führende Ökonomen aus Deutschland hatten zuletzt Licht am Ende des Tunnels gesehen und die BIP-Prognosen angehoben. Dieser Optimismus hat das verarbeitende Gewerbe bisher nicht erreicht. Mit 49,2 Punkten bleiben die vorläufigen Zahlen unter den Erwartungen (49,4), aber über dem Vormonat (49,0). Damit sind die deutschen Unternehmer pessimistischer als ihre Kollegen in der restlichen Eurozone. Etwas über den Erwartungen und mit 50,1 Punkten knapp über der Wachstumsschwelle präsentierte sich das Dienstleistungsgewerbe. Dies überrascht, weil auch in Deutschland der Tourismussektor in einer Krise steckt.

Auch in Großbritannien und Japan zeigt das verarbeitende Gewerbe wenig Zuversicht, was sicherlich auch an den Zöllen für Exporte in die USA liegt. Man darf dabei nicht vergessen, dass auch 15 Prozent Zoll mehr als bisher sind. Eine Belastung kommt auf die exportorientierte Industrie also in jedem Fall zu. Auch die Manager des verarbeitenden Gewerbes bleiben mehrheitlich pessimistisch. 

US-Immobilenmarkt schwächelt

Die Verkäufe von Neubauten und bestehenden Häusern blieben im Juni unter den Erwartungen. Der S&P 500 schießt trotz aller Bedenken der Ökonomen weiterhin in die Höhe. Die Charttechnik zeigt aktuell keine Anzeichen einer Korrektur.

S&P 500 – Stundenchart

Die Konsumstimmung in der Eurozone hellt sich im Juli nach vorläufigen Zahlen leicht auf, bleibt aber mit -14,7 Punkten weiterhin schwach. Das gilt auch für das GfK-Konsumklima für Deutschland, das mit -21,5 Punkten noch schlechter als im Vormonat ausfällt. 

Angesichts dieser Zahlen darf man die Frage stellen, welchen Konsum die EZB meint, der aktuell die Wirtschaft stützt. 

Titelbild: Kiefer, Flickr

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Journalismus und Reisen – meine Passion In der Schulzeit begann ich, Gedichte zu verfassen. Später interessierte mich der Journalismus, der mich zu einem regionalen Radiosender führte. Hier lernte ich, kurze, prägnante Sätze zu bilden. Die längste Zeit meines Lebens habe ich mich mit dem Tourismus beschäftigt. Reisekaufleute sehen nicht nur viel von der Welt. Das Gesehene muss in einen zum Reisen motivierenden Text gegossen werden. Nach der letztendlich erfolglosen Beteiligung an der Entwicklung eines Reiseportals bin ich seit 2019 freiberuflicher Autor.

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